Didaktische Chancen und Herausforderungen im Umgang mit KI beim Schreibenlernen
Künstliche Intelligenz (KI) verändert zunehmend die Art und Weise, wie Texte erstellt, überarbeitet und reflektiert werden. Besonders im Bereich des wissenschaftlichen Schreibens stehen Dozenten wie auch Studenten vor neuen Fragen: Wie lässt sich das Schreiben lehren und lernen, wenn KI-Tools wie ChatGPT bereits Gliederungen, Einleitungen oder gar vollständige Texte generieren können? Und wie gelingt es, die eigene Schreibkompetenz zu entwickeln, ohne sich von der KI abhängig zu machen?
In diesem Beitrag beleuchte ich didaktische Strategien für Dozenten und gebe praktische Tipps für Studenten – für ein wissenschaftliches Schreiben, das mit, aber nicht durch KI geprägt ist.
Der wichtigste didaktische Schritt besteht darin, KI nicht als Bedrohung, sondern als ergänzendes Werkzeug zu begreifen. KI kann beim Einstieg in ein Thema unterstützen, etwa durch das Generieren von Gliederungsvorschlägen oder Definitionen. Entscheidend ist, dass Studenten lernen, diese Inhalte kritisch zu prüfen, anzupassen und weiterzuentwickeln – und nicht ungefiltert zu übernehmen.
Für Dozenten heißt das: Statt KI grundsätzlich zu verbieten, sollte ihre Nutzung reflektiert in den Schreibprozess eingebunden werden, zum Beispiel durch Aufgabenstellungen, die zur aktiven Auseinandersetzung mit KI-generierten Texten anregen.
Um das wissenschaftliche Schreiben wirklich zu erlernen, muss der Prozess im Fokus stehen und nicht nur das Endprodukt. Die Transparenz des Entstehungsprozesses ist durch KI umso wichtiger geworden.
Didaktische Impulse:
Arbeitsjournale oder Reflexionen, in denen Studenten beschreiben, wie und wofür sie KI-Tools eingesetzt haben.
Vergleichsaufgaben: „Was hätte die KI geschrieben – und was habe ich bewusst anders gemacht?“
Feedback-Phasen, in denen die Qualität menschlicher Entscheidungen im Schreibprozess betont wird.
Die Fähigkeit, wissenschaftliche Aussagen einzuordnen, zu bewerten und ein eigenes begründetes Urteil zu fällen, ist der Kern des wissenschaftlichen Schreibens. KI liefert Vorschläge, aber keine Wahrheit. Deshalb sollte das kritische Hinterfragen von Inhalten, Quellen und Argumentationslinien weiterhin grundlegender Bestandteil der Lehre bleiben.
Ein KI-generierter Text kann grammatikalisch korrekt und logisch aufgebaut sein, jedoch fehlt ihm oftmals die persönliche Handschrift. Dozenten sollten Studenten ermutigen, ihre eigene Stimme im Text zu entwickeln, und zwar durch:
individuelle Perspektiven und Fragestellungen,
eigene Beispiele, Erfahrungen oder Fallanalysen,
bewusste sprachliche Entscheidungen.
Ein Text ist dann wissenschaftlich und persönlich, wenn er strukturiert und belegt ist – und zugleich zeigt, dass ein Mensch hinter dem Schreibtisch saß.
Um mit der Realität der KI-Nutzung umzugehen, kann auch die Prüfungskultur überdacht werden:
mündliche Ergänzungen zu schriftlichen Arbeiten,
Schwerpunkt auf Zwischenstände, Exposés und Schreibskizzen,
kreative Formate wie Re-Write-Aufgaben (etwa KI-Text überarbeiten und verbessern).
Solche Formate ermöglichen es, individuelle Schreibkompetenzen differenzierter zu erfassen, und fördern gleichzeitig die Eigenständigkeit.
KI verändert das Schreiben, aber nicht den Wert des Lernprozesses. Wer wissenschaftlich schreibt, muss weiterhin lernen, Themen zu durchdringen, eigene Argumente zu entwickeln und sich sprachlich klar auszudrücken. KI kann dabei unterstützen, aber nicht ersetzen. Für Dozenten und Studenten gilt deshalb: Wissenschaftliches Schreiben zu lehren und zu lernen, bedeutet heute auch, einen reflektierten Umgang mit KI zu fördern.
Tipp für Studenten:
Wenn Sie sich unsicher sind, wie Sie KI verantwortungsvoll beim Schreiben Ihrer Arbeit nutzen, sprechen Sie mit Ihrer Betreuungsperson, oder holen Sie sich professionelle Unterstützung in Form
eines wissenschaftlichen Lektorats.